16.01.2014
Ich bin Kulturpessimist und das ist gut
Liebe Leserinnen und Leser,
hier zunächst ein weiteres Zitat aus dem schon erwähnten WamS- Artikel:
"Der Kulturpessimist weiß: Das Neue setzt sich von ganz allein durch. Man muss es nicht noch pampern. Was man viel mehr pflegen muss, ist das Alte, vom Aussterben bedrohte. Er findet nicht die Zukunft sexy, sondern die Vergangenheit, die in abertausenden von Geschichten, Bildern, Gedanken zu ihm spricht. Durch sie erfährt er, was er ist und wie er es wurde. Denn er ist der Apostel der Nachhaltigkeit. Der Mann beziehungsweise die Frau mit Gedächtnis. In den Augen der Mächtigen ist er ein unsicherer Kantonist. Was sie ärgert, sind seine Kenntnisse. Da er nicht nur googelt, sondern sich auch ein paar Dinge systematisch angeeignet, ein paar Bücher gründlich und wiederholt gelesen, mit anderen Worten: in seinem Leben ein paar dicke Bretter gebohrt hat, verfügt er nicht nur über das solidere Wissen, sondern auch in Diskussionen oft über den längeren Atem."
Nachträgliches Danke an den MDR für ein schönes Weihnachtsgeschenk
"Die Saale von oben"
Als geborener und von je her kritischer Weißenfelser hatte ich bisher schon einige Male die Gelegenheit der ARD und dem MDR Danke zu sagen. Danke für kritische Berichte und Reportagen zur Stadtentwicklung meiner Heimatstadt, an denen ich persönlich mitwirken durfte, jenseits von den sonst üblichen Schönfärbereien.
Der Film geht über gängige Floskeln weit hinaus und zeichnet ein neues faszinierendes Bild von der Saale. (Video und diverse Hinweise über www.mdr.de und Google) Zitate:
"Um solche faszinierenden Einstellungen zu bekommen, sind die Filmemacher im Herbst tagelang mit einem Hubschrauber unterwegs gewesen.. Dabei hatten sie nicht nur eines der modernsten Kamerasysteme, sondern auch einen der international renommiertesten Luftbild- Kameraleute an Bord. Für seine Arbeiten hat der Engländer Simon Werry bereits mehrere internationale Preise bekommen."
"Wir haben viele Personen getroffen. Dass die Zeit eines jeden am Ende nicht so umfangreich ausfällt, wie ich es mir mancherorts gewünscht hätte, beziehungsweise viele Begebenheiten im Film keinen Platz mehr fanden, ist doch der recht langen Reise über 400 Km und einer begrenzten Sendezeit geschuldet" sagte Antje Schneider, Leiterin des Aufnahmeteams aus Leipzig.
Als ich das über den Film las, wuchs mein Interesse und eine gewisse Spannung und Erwartung. Es war gewiss schwer, eine Auswahl zu treffen: Was, wo und wer erfüllt die Anforderungen an einen Dokumentarfilm, der über Siedlungsplätze an einem der "abwechslungsreichsten und geschichtsträchtigsten Flüsse Deutschlands" berichten will, mit Geschichten über "Menschen, die an, mit und von der Saale leben", über alte und neue Arbeitsplätze, über Strukturwandel und über die Bewahrung "einer empfindlichen Balance zwischen Natur und Nutzung"?
Dann tauchte ich ein in den Film, sah in der Tat einen "Heimatfilm der besonderen Art", mit faszinierenden Aufnahmen von einzigartigen Naturräumen, Dörfern und Städten, Schlössern und Burgen, verknüpft mit Sagen und Geschichten über Menschen im Wandel der Zeiten, von alten und neuen Siedlungs- und Arbeitsplätzen an der Saale. Fürsten und Herzöge, ihre Residenzen mit Dichtern und Denkern wurden thematisch ebenso einbezogen wie die arbeitende Bevölkerung in den unterschiedlichen Regionen und ihre Besonderheiten.
Augenzeugenberichte über Arbeitsbedingungen in einer von Stacheldraht eingezäunten Fabrik im ehemaligen Grenzgebiet der Saale, oder über ehemalige Bewohner von vom Stausee verschlungenen Ortschaften fanden mein Interesse genauso, wie Saalfelder Schokoladen- Tradition, oder der Weinanbau um den 51. Breitengrad im Saaletal. Ich erinnerte mich an die Maxhütte, die ich innerhalb der "Jugendweihe" kennen lernte, an Ferienplätze an den Talsperren zu DDR- Zeiten und an Schulausflüge zum Gradierwerk nach Bad Kösen, zur Rudelsburg, Schönburg und nach Goseck. Als 70-jähiger kann ich nach eigenen Erfahrungen den Wandel der Zeiten gut nachvollziehen und den Wert der deutschen Wiedervereinigung in solche Zusammenhängen erkennen und schätzen.
Je näher sich der Hubschrauber Weißenfels näherte, desto mehr malte ich mir die Bilder aus, die in aller Kürze nach dem bisher Gesehenen enthalten sein könnten: Zur Herzogstadt, Novalisstadt, Schützstadt, zum Wandel von der Schuhstadt zur Stadt der Lebensmittelindustrie, zum Zustand der historischen Innenstadt und des Schlosses Neu- Augustusburg mit dem Schuhmuseum- oder zumindest etwas von alldem.
Gleichzeitig kamen mir Zweifel: Kann man in einem solchen Film, der offensichtlich natürlich, umweltbewusst, zukunftsorientiert und vor allem ehrlich und glaubhaft Orte und Menschen zeigt, die Grund haben positiv nach vorne zu schauen, Weißenfels einordnen? Eine Stadt, die über ihre Grenzen hinaus permanent über negative Schlagzeilen auffällt, sich lächerlich macht, Millionen verschwendet im permanenten Kampf um ihr Image zwischen Barock- oder Schweinestadt, mit einem Klärwerk, das bei Hochwasser mitten in der Saale steht? Man müsste hier länger verweilen, um ein Thema aufzugreifen, das zeigen würde, wie Schindluder mit der Saale getrieben wurde und dass über diese Kläranlage auf der Grundlage übelster Manipulationen schwerstbelastete Abwässer in die Saale eingeleitet wurden, was wiederum Millionenbeträge an Strafzahlungen nach sich zog. Meine Zweifel waren berechtigt. Solche Themen gehören in andere Filme, von denen es sicherlich noch einige geben wird.
Der Hubschrauber flog kurz über die Innenstadt, umkreiste das Schloss, zeigte die Einzigartigkeit dessen seltsamer Fassadensanierung und flog davon in Richtung Leuna. Der Sprecher sagte während Passage einen Satz über die Stadt: "Vor Dreihunderttausend Jahren nahm sie (die Saale) noch einen anderen Weg, weiter ostwärts im Land. Erst mit der vorletzten, der Saale- Eiszeit, änderte sie ihren Weg, Weißenfels wäre sonst vielleicht woanders..."
Nach meinem Empfinden eine derbe und berechtigte "Klatsche" für eine fragwürdige Politik- und Kulturszene in dieser Stadt, die sich in ihren Teilen selbst genügt und dabei durch große Teile einer provinziellen Presselandschaft bestärkt wird.
Nicht die Stadt, sondern die Saale zuvor mit ihren Nebenarmen zeigten die Filmemacher und den Hauptakteur Hubert Reinhardt, den letzten Saalefischer. Das Leben im Einklang mit der Natur stellt ihn auf eine harte Probe. Seine Fische aus vier Zuchtteichen musste er durch das Hochwasser davonziehen lassen. Ein würdiger und stolzer Weißenfelser und ein guter sehens- und empfehlenswerter Film, der die Saale auf ihrem Weg von der Quelle im Fichtelgebirge bis zu ihrer Mündung in die Elbe zeigt.
Hartwig Arps
Hinweis für die nächste Ausgabe: Mein Jahresrückblick beginnt aus aktuellem Anlass in der Reihenfolge der Themen anders als geplant.
Zur Einführung einen Einblick in eine CSU- Kreisvorstandschaftssitzung und vorbildliche Öffentlichkeitsarbeit in Bayern. Zitate aus einem Bericht vom 03.11.2013:
"Wie wichtig mittelstandsfreundliche Kommunalpolitik ist, beweist das Hotel am Sybillenbad. Der Kreisvorsitzende zeigte sich erschrocken, dass immer noch durch die KEWOG Investitionen verhindert werden.
Hier läuft nach wie vor offenkundig etwas schief, stellte Zintl fest. Er forderte parteiübergreifend alle Kommunalpolitiker dazu auf, ihre Verantwortung bei der KEWOG wahrzunehmen und eindringlich klarzumachen, dass die Geschäftsführung der KEWOG mit ihrem Verhalten der Region schadet. Es werden falsche Signale für weitere private Investitionen ausgesendet, so Zintl.
So etwas darf nicht ohne Kommentar und Handeln der politisch verantwortlichen zugelassen werden. Gleichzeitig fordert die Mittelstandsunion Klarheit zu schaffen, in welcher Form die KEWOG derzeit noch Unterstützung vom Landkreis und den Kommunen erhält. Es entsteht der Eindruck, dass die KEWOG gezielt Investitionen verhindert, um anschließend mit kommunalen Bürgschaften dieses Vorhaben selbst aufzugreifen, so Zintl...."
H.A.
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