[02.04.2013]
Gedanken über ein E-Werk in Europa
Über Betrug, Manipulation, Korruption, Verschwendung und Demokratieabbau

Liebe Leserinnen und Leser,
Regen und Schnee bleiben tonangebend. Wer über Ostern nicht die Flucht in den Süden ergreifen konnte oder wollte, nahm sich Zeit für Hobbys. Für mich hieß das auch: Zeitungen lesen, Radio hören, die Inhalte überdenken und darüber schreiben. Allein das Lesen der aktuellen WELT am SONNTAG brachte so einige lehrreiche Stunden der Entspannung und Bestätigung. Hauptthema der Ausgabe vom 31.03.2013 ist die Zockerbude Europa. Es wird geschildert, wie es in Sachen Zypern hinter den Kulissen zuging. Ein Szenario, das als Drehbuchvorlage für einen Mafiathriller dienen könnte.
Auch hiesige Sparer werden künftig zur Kasse gebeten, meint ein Kolumnist und: Exporteure fürchten den Zerfall Europas. Deutsche Firmen zieht es ins Ausland wie nie und Analysten prügeln auf den Euro ein- so lauten die Schlagzeilen und das geht so weiter: Die Wut auf Deutschland wächst nicht nur in den geplünderten Südländern. SPD-Chef Gabriel nennt die Merkel "Anscheinserweckerin" und ein Journalist meint: "Sie steuert auf Sicht, stochert im Nebel, ohne das Tempo zu drosseln und wechselt im Notfall den Kurs. Ob Finanzhebel, Bankenhaftung oder Anlegerbeteiligung - was gestern galt, gilt heute nicht mehr, morgen aber vielleicht wieder" und stellt in Frage ob EZB-Chef Draghi die Erpressungsmethoden gegen das kleine Zypern auch im Fall Spaniens oder Italiens wagen würde. Zustände wie hier das Wetter, allerdings ohne Aussichten auf Besserung - im Gegenteil.
Eine kleine Sammlung von Kernsätzen habe ich aufgehoben. Sie passen besonders auffällig zu Weißenfels.
Die Frage, ob die Medien noch politischer Information und demokratischer Willensbildung verpflichtet sind oder inzwischen völlig einer eigenen Agenda von Markt und Macht folgen, beantwortet die hiesige MZ und dass Deutsche über steigende Ungerechtigkeit klagen oder Lobbyisten in die Wissenslücken von Abgeordneten vorstoßen und die öffentliche Hand Geld verschwendet, sind Feststellungen, die in Weißenfels inzwischen zum allgemeinem Sprachgebrauch gehören und besonders bei den Montagsdemonstrationen ihren Ausdruck finden. Aber nicht nur dort. Auch für Rundfunk und TV war und ist Weißenfels ein ergiebiger Ort zur Darstellung diverser Fehlentwicklungen.
Hoch aktuell und treffend schildert der MDR/Figaro-Beitrag die Zustände um das Thema Schlachthof, einen verkommenen OB samt Mehrheiten im Stadtrat und einer entsprechenden Verwaltung. Das Verhalten des Stadtratsvorsitzenden Freiwald ist dann sozusagen die Krönung einer pseudodemokratischen Entwicklung des Grauens in dieser Stadt.

Am Ende geht es immer ums Geld der Steuerzahler und es sind nicht selten Fördermittel, die verantwortungslos verbraten und fehlverwendet werden. Hinter diesem Schlagwort verbirgt sich so ziemlich alles zwischen gut und böse. Fördermittel helfen, schaden, werden gebraucht und missbraucht. Mit ihnen wurde und wird manipuliert, betrogen, sie werden abgeschöpft, fehlverwendet und mit ihnen wird erpresst. Sie werden von oben nach unten verteilt, sollen kontrolliert, überwacht und bei Missbrauch zurückgezahlt werden. Sie reichen von ein paar Euro für Jugend- Kultur- und Sportförderung in den Gemeinden bis hin zum Länderfinanzausgleich, zur Euro - und Bankenrettung und erreichen dann Milliarden- und Billionenbeträge.

Es wird viel mit ihnen gebaut (auch Klär- und E- Werke) und mit den Fördersummen steigen Kosten und Preise für die Steuerzahler, die Gewinnsummen der privaten Nutznießer, die Fallhöhe betroffener Arbeitnehmer bei Pleitefirmen, die Verantwortungslosigkeit der Aufsichtsräte und Politiker und der Zorn des gemeinen Volkes.
Beteiligt sind Betrüger bis in höchste öffentliche Funktionen und Ämter und das Thema mündet in üble Realitäten wie: Hauptstadt ohne Flughafen, Energiewende ohne Leitungsnetz, Stuttgart 21, Schmiergeldzahlungen für Banker, Zinsmanipulationen als Basis für Finanztransaktionen im Umfang von Billionen. Hier verlieren sich alle Maßstäbe.

Alles ist relativ: Euro- Europa begann mit Maastricht und den Bruch der eigenen Regeln, also mit Betrug und Selbstbetrug. Die armen Südländer mit völlig verschiedenen Mentalitäten wurden aufgenommen, als Absatzmärkte für die Nordländer hochgepäppelt, ausgeplündert und werden nur noch gehalten, um das Scheitern der Verantwortlichen zu überdecken. Ein Neuanfang auf offener und ehrlicher Grundlage würde keinen Stein auf dem anderen lassen.
"In Europa wird wieder deutsch gesprochen", die Großkotze spielen die Zuchtmeister für den Rest der Welt- und haben ihren eigenen Laden nicht im Griff. Deutschland ist Europa im Kleinen. Es gibt reiche und arme Länder. Statt Europas Nord- Süd- Gefälle dominiert hier das West- Ost Gefälle. Arbeitsplätze liegen überwiegend im Westen und der Osten als Absatzmarkt hängt an den Nabelschnüren der Autobahn.

Der Länderfinanzausgleich im maroden Föderalsystem funktioniert nicht mehr. Die Nehmerländer im Osten haben sich mehr oder weniger über die jahrzehntelang unantastbaren Finanzströme ohne wirklichen Leistungs- und Effizienzdruck fehl entwickelt. Landesregierungen sind zu Verteilungsinstitutionen verkommen und verfügten im Überschwang über Finanzen, die sie selbst nicht erwirtschaften mussten - mit einem hohen Grad einhergehender Unfähigkeit, Verantwortungslosigkeit und auf der Grundlage untauglicher politischen Rahmenbedingungen. Sie leben inzwischen teilweise auf höherem Niveau als ihre Geldgeber und sie schlampen weiter wie Sachsen- Anhalt. Falsche Berechnungen, falsche Planungen, falsche Projekte, Manipulationen, unfähige Ministerien, Lug und Trug bis hin zu Korruptionsaffären begleiten dieses Land von Beginn an.
Man redet und rechnet sich schön. Aktuell: Das Bruttoinlandsprodukt für 2011 liegt nicht bei plus 2,4%, sondern bei minus 0,1. Am Ende fliegt ohnehin alles auf, aber man glaubt offenbar Zeit zu gewinnen und mit der Zeit weiteres Geld. Sie greifen auch Europa kräftig in die Taschen. EFRE heißt der Springbrunnen: Europäischer Fond für regionale Entwicklung. Gut und schön. Er soll für den wirtschaftlichen Aufholprozess der ärmeren Regionen sorgen, bietet aber auch Tür und Tor für Verschwendung. Siehe Weißenfels, siehe E-Werk als Beispiel.

Dass das alles irgendwann brachial zu Ende gehen muss, liegt lange auf der Hand - nun ist es so weit. Ohne Bewusstsein über solche Kausalzusammenhänge kann Politik im Jahre 2013 nirgendwo mehr vernünftig gestaltet werden.

Der namhafte Architekturkritiker der WELT, Dr. Dankwart Guratzsch, hatte es schon am 12.04.2010 auf den Punkt gebracht: "Zum regelrechten Fiasko, aber leider auch zum Symbolfall hat sich die IBA- Modellstadt Weißenfels entwickelt." Als Beispiel einer Orgie von Ignoranz, Cliquenwirtschaft, Manipulation, Vorteilsgewährung, Vorteilsnahme und Geldverschwendung auf Kosten der Steuerzahler hatte ich mit meinem Schreiben vom 12.06.2012 die Zustände um das E- Werk als Initialprojekt der IBA und dessen Übergabe- nach Ausplünderung aller Fördermittel- an den Sport- und Freizeitbetrieb dargestellt, zahlreiche Verdachtsmomente gegen konkrete Personen öffentlich benannt und an alle Aufsichtsbehörden versandt. Nach zwischenzeitlichen Eingangsbestätigungen, Danksagungen und Bitten um Verständnis für längere Bearbeitungszeiten wegen Umfang und Bedeutung der Sache, nach Abgleichen von Rechtsstandpunkten zwischen den Ämtern, erwartete ich geduldig einen der Sache angemessenen Abschlussbericht. Ich hatte als Bürger dieses Landes die Hoffnung, einen Beitrag zur Aufdeckung untragbarer Missstände geleistet zu haben, um über Schlussfolgerungen und Konsequenzen derartiges künftig auszuschließen.
Am 07.03.2013, nach nahezu 10 Monaten, erhielt ich folgendes Schreiben.
Der gesamte Inhalt noch kürzer gefasst:

1.) Zuständig ist der Landkreis und der hat nach dem inzwischen berüchtigtem "pflichtgemäßen Ermessen" zu entscheiden. (Was das bedeutet, kennen interessierte Weißenfelser bereits aus der aktuellen Abwasserproblematik.)

2.)LVA und Innenministerium haben schon mal überprüft und quasi vorentschieden: "kommunalaufsichtliches Einschreiten/ kommunalaufsichtliche Maßnahmen sind nicht geboten/ nicht mehr zu rechtfertigen.

3.) Gründe: "lange zurückliegender Zeitpunkt" und "fehlende Schlüssigkeit eines Schadenseintritts."

Nachdem sich der erste Zorn bei mir gelegt hat und der Landkreis sich erwartungsgemäß bis dato nicht geäußert hat, wird mir die Bedeutung einer Notiz deutlich, die ich während eines Telefongespräches mit einem der Zuständigen machte: "Meine Meinung als Privatperson: erwarten Sie nicht zu viel. Sie sollten zwischen den Zeilen hören und lesen, auch und besonders, was die Fördermittelbewilligungen durch das LVA angeht."

Also, ich lese zwischen den Zeilen: Das "nicht mehr" habe ich schon hervorgehoben. Es lässt nur eine Deutung zu: Früher hätten wir etwas tun können/müssen- nun ist es leider zu spät. Das geht einher mit der Tatsache, dass keiner meiner detailliert begründeten Vorwürfe widerlegt wird, nicht ansatzweise. Mir bleibt nichts anderes, das als quasi Bestätigung und Zustimmung hinsichtlich meiner Einlassungen zu bewerten.

Zum Zeitpunkt: Das Thema wurde erstmals öffentlich am 15.12.2011 im Stadtrat behandelt. Nachdem die betreffenden Inhalte die Öffentlichkeit überhaupt erreichten, bedurfte es hinsichtlich der Analyse aller Dokumente zwar einige Wochen, aber das lag in der Natur der Sache. In den Veröffentlichungen des Innenministeriums in Sachen Korruption und deren Bekämpfung heißt es nicht umsonst: "Es handelt sich um Mechanismen, die häufig verdeckt auftreten..." da durchzusteigen dauert nun mal und immerhin habe ich den Aufsichtsbehörden ein ganzes Stück Arbeit abgenommen. Am 12.06.2012 erging dann unverzüglich meine Anzeige an die Ämter. Bei einer dortigen Bearbeitungsdauer von 10 Monaten und mit einem derart dürftigen Ergebnis ist allerdings der Bezug auf den Zeitpunkt geradezu abwegig.

Zum Schadenseintritt: Der Schaden trat ein mit der Bewilligung von Fördermitteln für Vorhaben, die von Beginn an und erkennbar nicht realisierbar waren. Millionen wurde so verschwendet. Im Jahresabschluss 2011 des Sport- und Freizeitbetriebes, behandelt im Stadtrat v. 15.11.2012, heißt es im Prüfungsbericht unter Punkt 1.3.2. E- Werk:
"Die Förderung bezog sich auf eine von der Stadt Weißenfels vorgesehene LOW- Budget- Nutzung "Sport und Event", die jedoch für eine ganzjährige Nutzung des Gebäudes nicht geeignet war." Fazit: Klare Fehlverwendung von Fördermitteln zum Schaden des Steuerzahlers. Mit der Übertragung des E- Werkes an den ohnehin defizitären Sport- und Freizeitbetrieb unter unlauteren Bedingungen (siehe Fragenkatalog und Prüfbericht) hat sich der Schaden für die öffentliche Hand noch einmal verstärkt. Die Verursacher haben die Verantwortung unter Vortäuschung falscher Tatsachen (Vorsteuerabzug) auf diesen Betrieb abgewälzt, der nun zur Vertuschung des katastrophalen Gesamtvorganges eine Pseudonutzungsvariante umsetzen soll, mit deren Realisierung weitere Steuergelder vergeudet würden. Im Wirtschaftsplan 2013 des Sport- und Freizeitbetriebes, behandelt im Stadtrat v. 15.11.2012, heißt es: "Am 17.04. 2012 beschloss der Betriebsausschuss im Rahmen der Nutzungsfortschreibung das Konzept 'Werkstatt für behinderte Menschen im E- Werk' mit der INTEGRA. Entsprechende Anträge des Nutzers wurden bei der Sozialagentur und Bundesagentur eingereicht, jedoch noch nicht entschieden."

Und nun folgt ein unglaublicher Erpressungsversuch: "Sollte das Vorhaben zur künftigen Nutzung nicht zum Erfolg führen, sind für die Erreichung der Endausbaustufen weitere Zuschüsse und Eigenmittel des Sport- und Freizeitbetriebes notwendig, die vorsorglich geplant werden." Hier wird die total verlogene Konsequenz offenbart: Wenn der Schoko-Deal nicht durchkommt, wird weiter investiert- durch einen ohnehin defizitären Betrieb und zu Lasten der gesamten Kultur- und Sportentwicklung dieser Stadt. Unfassbar, aber eben typisch für IBA 2010 und der "Modellstadt Weißenfels". Von Beginn an eine Kette von Lüge, Erpressung, Manipulation, Betrug, Selbstbetrug und Verschwendung auf Kosten der Steuerzahler. Diese Vorwürfe hat mir bis dato niemand widerlegt und nirgendwo taucht auch nur ein Wort auf über diverse Fehlleistungen, Verantwortliche und deren Haftung für angerichtete Schäden.

Und das alles vor dem Hintergrund einer katastrophalen Finanzlage:
"Das im Bau befindliche E- Werk wurde zum 01.01.2010 an den Sport- und Freizeitbetrieb übertragen und wurde 2010/2011 im Rahmen der IBA 2010 für die statisch-konstruktive Sicherung und den vom Stadtrat beschlossenen vorgezogenen Innenausbau überwiegend aus finanziellen Mitteln des Vermögenshaushaltes der Stadt realisiert. Diese werden als Sonderposten geführt." So im Wirtschaftsplan 2013.

Aus dem Schlussbericht über die örtliche Prüfung der Jahresrechnung der Stadt Weißenfels für das Haushaltsjahr 2010, Endfassung 24.05.2012, Punkt 4.10.: Schuldenstand: 23.520.056 Euro. Dies entspricht einer Verschuldung von 703,44 Euro pro Einwohner. Die Stadt Weißenfels weist weitere Schulden im Sondervermögen im Umfang von 4.690.320,99 Euro nach. Diese betreffen den städtischen Eigenbetrieb."

Abschließendes Fazit für heute: Ich betrachte die Verfahrensweise der Aufsichtsbehörden als Ermunterung, um in dieser Sache Klage einzureichen. Inzwischen zeigen sich der Bund der Steuerzahler und TV- Sender an dem Thema interessiert. Erste Termine stehen. Ich mache weiter- zum Wohle meiner Heimatstadt.

Denn: Auch die Akteure machen weiter, als wäre alles Paletti.

Hier ein aktuelles Beispiel:
"Ich fühle mich getrieben vom Sanierungsträger", sagte Stadtrat Mario Kabisch- Böhme (FDP/Freie Wähler) in Anspielung auf den Sanierungsträger KEWOG in einer Stadtratssitzung beim Thema Modellvorhaben zur energetische Sanierung von Gebäuden und Quartieren. "Wir sollten nicht noch mehr Luftschlösser bauen." Ihm widersprach Stadtrat Günther(CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung. Wenn auch eine künftige Nutzung des Hofmarschallhauses noch unklar sei, könnten solche Programme "Türöffner für weitere Fördermittel" sein. Kabisch- Böhme hat gelernt und Günther ist weit entfernt davon.
Er will offenbar nicht begreifen, dass die propagierten "Türöffner" dazu geführt haben, dass die Fördermitteltüren inzwischen weitgehend vernagelt sind. Hüllensanierung bei erhaltenswerten Denkmalen im Flächendenkmal Innenstadt um weiteren Verfall zu stoppen und Innensanierung erst dann, wenn ein Nutzer verbindlich absehbar ist- das passte noch nie ins Konzept von Firmen und deren Lobbyisten, die allzu gerne auf öffentliche Kosten in die Vollen gehen.
Da ist das von Kabisch- Böhme genannte Galerie- und Vereinshaus in der Klosterstraße als weiteres Beispiel ein gutes Argument: Großzügig bis zum teueren Innenausbau gefördert und dann Probleme mit der Nutzung. Mit dem Fürstenaus als Gesamtanlage incl. Hinterhaus, mit dem teuersten Standesamt Deutschlands und möglicher Residenz für die KEWOG will ich da heute nicht mehr anfangen. Aber ich hoffe auf den Frühling. Dieser Artikel geht auch als Info- Mail an das LVA als Absender des Schreibens v. 07.03.2013 und den Bund der Steuerzahler.
Hartwig Arps


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